Sonja Wunderlin, Naturheilpraktikerin
Praxis am Laufenplatz 148, 5080 Laufenburg, Tel. 062 874 00 16
Vergiftungen durch Wildpflanzen
Ich propagiere seit Jahren das Essen von Wildpflanzen. Weil sie kräftig, schmackhaft und interessant sind und man sie einfach vor der Haustüre selber sammeln kann. Und sie in der Regel ungefährlich sind. Immer wieder begegnen mir auch kritische Fragen nach der Giftigkeit.
Ich habe selbst schon unliebsame Erfahrungen gemacht, unter anderem mit unreifen Holunderbeeren oder dem «Ronechrutt» oder «Dittelichrutt» (Aronstab), welches im Fricktal früher traditionell gedämpft gegessen wurde, um den Winter im Körper zu vertreiben. Das starke Stechen auf der Zunge, wenn man entgegen aller guten Ratschläge trotzdem drauf beisst, gilt als ein erstes Symptom für die Giftwirkung.
Tox Info Schweiz ist Melde- und Beratungsstelle für Vergiftungen aller Art. Dort werden auch schweizweit die Daten zu Pflanzenvergiftungen gesammelt. – Anhand der vielen Warnungen im Frühling vor der Verwechslung von Bärlauch mit anderen Pflanzen (vor allem Maiglöckchen, Herbstzeitlose und Aronstab) würde man vielleicht Vergiftungen mit diesen Pflanzen an erster Stelle erwarten. Bei den Vergiftungen kommt es aber nicht nur auf die Häufigkeit der Verwechslungen an, sondern auch auf die Aufnahme und Art und Stärke des Gifts an. Ausserdem reagieren Kinder und Menschen mit geringem Körpergewicht, Frauen, Geschwächte und Fastende stärker. Gefährlich sind in der Regel nicht unbedingt die giftigsten, sondern eher die schmackhaften Giftpflanzen wie beispielsweise die Tollkirsche, von welcher man schnell eine gefährliche Menge verspeisen kann, ohne primär etwas zu merken.
So lange das Gift sich noch im Magen-Darm-Kanal befindet, ist es noch nicht ganz «im Körper» drin. Es kann durch Erbrechen, Abführen oder durch Binden, beispielsweise mittels Kohle, daran gehindert werden, in die Blutbahn zu gelangen.
Tödliche Vergiftungen durch Pflanzen sind äusserst selten, schwere Fälle gibt es nur wenige pro Jahr. In der Statistik ganz oben stehen Eibennadeln. Sie wurden in den meisten Fällen in suizidaler Absicht, also vorsätzlich, eingenommen. Ihr Gift wird schnell durch die Schleimhäute resorbiert und wirkt im ganzen Körper zellschädigend.
5 Rote Beeren-Regel
Bei Einnahme von nicht mehr als fünf Beeren kommt es maximal zu leichten Magen-Darmbeschwerden wie Durchfall oder Übelkeit. Häufig vorkommende Pflanzen mit roten Beeren sind Stechpalme (Ilex sp.), Zwergmispeln (Cotoneaster sp.), Schneeball (Viburnum sp.), Heckenkirsche (Lonicera sp.) und Maiglöckchen (Convallaria majalis). Bei diesen ist keine schwere Vergiftung zu befürchten. Andere rote Beeren wie diejenigen von Aronstab (Arum sp.) oder Seidelbast (Daphne sp.) führen zusätzlich zu einer lokalen Reizwirkung mit Brennen im Mund und in der Speiseröhre. Deshalb wird davon in der Regel nicht viel gegessen.
Ausnahmen zur 5- Rote Beeren-Regel: Beeren der Zaunrübe (Bryonia dioica) können zu heftigen Symptomen des Magendarmtraktes führen.
Die Pflanze, welche in der Schweiz am häufigsten zu schweren Vergiftungen führt, ist die Eibe (Taxus baccata). Die Vergiftungen kommen zustande infolge Verwechslungen mit Tannenschösslingen der Fichte oder der Weisstanne oder durch Zerbeissen der sehr giftigen Samen in den schleimigen roten Scheinbeeren. Der giftige Stoff der Eibe, das Taxin, ist ein Zellgift und wird schnell über die Schleimhäute aufgenommen. Der Name Eibe ist etymologisch nahe verwandt mit der Eva, welche aus der Ewigkeit kam, so steht der Baum auch für die Ewigkeit. Das alte Wort für die Eibe, Iwa, bedeutet gleichzeitig «(Pfeil-)bogen», diese wurden aus den Eibenzweigen gefertigt und konnten jemanden auch wiederum in die Ewigkeit befördern.
Das Sammeln von Tannenspitzen ist im privaten Rahmen erlaubt. Am Besten an Ästen, die in den Weg hinein wachsen. Ansonsten tut man gut daran, den Förster um Erlaubnis zu fragen und auf jeden Fall sich botanisch gut auszukennen.
Bild: oben Eibe, unten Weisstanne. Foto: zVg
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